Fit im Kopf

Sabine Jacobs

18.04.2018 · 7 Min. Lesezeit

Golftrainer und Buchautor Frank Adamowicz über mentale Fitness

Er kennt sie alle. Die großen Golfer. Mit vielen hat er schon gespielt in seiner aktiven Zeit als Nationalspieler und deutscher Vizemeister. Seit über 50 Jahren spielt Frank Adamowicz Golf. Heute ist der sportliche Norddeutsche professioneller Trainer (Head-Pro) im wohl berühmtesten deutschen Golfclub in Sankt Leon-Rot. Doch bei allem Erfolg ist er ein sympathischer und geselliger Mensch geblieben. Wer mit ihm spricht, merkt schnell, dass er über Menschen ebenso viel weiß wie über Golf. Er ist ein Menschenkenner und kann uns lesen, insbesondere beim Golf. Als Trainer ist diese Eigenschaft enorm wichtig. Und sie erklärt auch seinen Erfolg. Er legt Wert auf Geduld und Disziplin. Körperliche und mentale Fitness sind ihm gleich wichtig. Jedoch wundert er sich, dass die mentale Fitness von vielen Golfern nicht so ernst genommen wird. Wir haben ihm dazu einige Fragen gestellt.

Was genau ist mentale Fitness?

Gerade im Sport und speziell im Golfsport spricht man von mentaler Fitness, wenn man sich im Wettkampf auch auf der 18. Bahn, das heißt nach mindestens vier Stunden, noch auf das Wesentliche konzentrieren kann und wach ist.

 

Inwiefern ist es für einen Golflehrer bzw. Golfspieler wichtig, nicht nur physisch sondern auch mental fit zu sein?

Es wird, was Trainingsstunden oder Wettkampf betrifft, sehr viel Zeit investiert. Golfrunden mit fünf Stunden und mehr oder Trainingstage mit acht Stunden sind keine Seltenheit. Das betrifft den Trainer genauso wie die Athleten. Allein die Golfschwungtechnik ist so komplex und auch kompliziert, dass es einen hellen und wachen Kopf benötigt, sie zu koordinieren, sonst ist Frustration vorprogrammiert.

 

Wie kann man seine eigene mentale Fitness trainieren und verbessern?

Zuerst einmal sollte jedem klar sein, dass mentale Aufmerksamkeit und „Wachheit“ genauso wichtig sind wie das eigentliche Training, also Bälle schlagen, kurzes Spiel und Putten. Und auch genauso wichtig wie Kraft, Stabilität sowie Beweglichkeit. Und für diese „mentale Fitness“ benötigen Sie eine Basis. Sie sollten ausgeschlafen, ausgeglichen, optimal kalorien- und vitaminversorgt und nicht dehydriert sein.

 

Sie glauben also, dass Ernährung zur mentalen Fitness beiträgt?

Ja, und sie ist sogar extrem wichtig für intensives Training aber auch für das Spiel auf dem Golfplatz. Was nehme ich wann zu mir und wie regelmäßig. Und nicht erst, wenn es zu spät ist. Mein Körper braucht Zufuhr (an Wasser, Kalorien, Vitaminen und Mineralstoffen), um arbeiten zu können und um damit mein Gehirn zu aktivieren. Nur dann bin ich auch in der Lage, alles wahrnehmen zu können. Damit die Konzentration nicht nachlässt und Sie nicht geistig müde werden, wäre es wertvoll regelmäßig etwas zu sich zu nehmen. Es macht wenig Sinn, erst zu trinken, wenn Sie merken, dass Sie Durst haben. Dann ist es schon zu spät. Nehmen Sie sich vor, alle zwei Bahnen etwas zu trinken. Sie brauchen Wasser, Kalorien, Mineralien und Vitamine. Also am besten isotonische Getränke, die haben das. Mein Favorit ist tatsächlich das Bitburger 0,0% - das hat alles. Denn wenn Sie Mineralwasser trinken, müssen Sie die Kalorien extra aufnehmen, also zum Beispiel durch eine Banane oder einen Müsliriegel.

Sehen Sie einen Zusammenhang zwischen Selbstvertrauen, Durchhaltevermögen und mentaler Fitness?

Einen großen: Ich benötige eine mentale Fitness und körperliche Fitness, um überhaupt ein Durchhaltevermögen zu erzielen. Die meisten Golfer lassen sich nach schlechten Schlägen zu sehr gehen und verlieren ihren Plan aus den Augen. Ich muss mich immer in den Zustand bringen, dass ich es zulasse, dass etwas positives passieren kann. Die besten Golfer der Welt hören fast immer gut auf, da sie einfach mit einem guten Gefühl aufhören wollen, egal wie es vorher gelaufen ist. Selbstvertrauen ist daher extrem wichtig. Doch das muss ich mir schon im Training holen. Und da benötigen Sie die beiden wichtigsten Dinge im Golf: Geduld und Disziplin.

 

Welchen Einfluss hat Stress auf unsere mentale Fitness?

Wenn jemand im Sport erfolgreich sein möchte, darf er keinen Stress haben, wo immer dieser auch herkommt und in einer so komplexen Sportart wie Golf schon mal gar nicht. Stress macht einen meistens zu schnell und hektisch, das heißt man sollte sich mit Timing/Rhythmus und einer guten Atmung beschäftigen und nicht alles andere in Frage stellen. Es muss und kann nicht immer alles optimal laufen.

 

Haben Sie Tipps für Stresssituationen auch außerhalb des Sports?

Ein wichtiger Punkt in der Psychologie ist die Wahrnehmung. Es wäre also ideal, wenn man sich selber so beobachten könnte, wie man seine Umwelt beobachtet. Dann kann man feststellen: wo kommt der Stress her und warum ist er gerade jetzt da? Und wenn ich dann weiß, was den Stress auslöst, ist mein Tipp, sich einfach mal locker zu machen und mit sich selbst ins Reine zu kommen. Es ist wichtig, dass man sich selbst sagt, jetzt nimm dich einfach mal ein wenig zurück und geh locker an die jeweilige Aufgabe ran. Es hilft auch sehr, wenn man ab und an akzeptiert, dass man heute vielleicht mal einen Tag hat, der nicht so gut läuft. Ich glaube, wir haben verlernt, ehrlich zu uns selbst zu sein .

 

Wie lassen sich diese Tipps auch in den Alltag integrieren?

Wie schon gesagt, einfach mal einen Gang zurückschalten. Denn: Unter Stress bringe ich mich am Ende ja nur selbst - das kann ich zulassen oder auch nicht. Das was ich eigentlich gut machen möchte, wird unter diesen Umständen bestimmt nicht gut. Und vielleicht ist es auch im privaten Bereich so, dass ich nicht genügend trinke oder die falschen Sachen esse und meinem Körper etwas fehlt, da liegen Sport und Beruf sehr nah zusammen.

 

Seit wann beschäftigen Sie sich mit dem Thema „mentale Fitness“ und warum?

Schon lange, weil ich es spannend finde und weiß das hier viel Optimierungspotenzial liegt. Da ich mich schon sehr lange mit Menschen beschäftige, ist mir schnell klar geworden, dass hier oft mehr Potenzial vorhanden ist, als immer nur an der Golfschwungtechnik „herumzufummeln“. Es ist sehr spannend, wenn man Menschen „lesen“ kann und rasch merkt, wie sie so ticken. Das ist in meinem Beruf als Golftrainer extrem wichtig – ich muss die Menschen da abholen wo sie sind.

 

Fällt Ihnen eine passende Anekdote zum Thema „mentale Fitness“ ein?

Für mich als Trainer ist es immer wieder erstaunlich, wie oft mir Golfer wie folgt von einer Runde erzählen: „Es lief wirklich super heute, bis zum verflixten 13. (oder 14.) Loch. Da ging auf einmal gar nichts mehr …“ Und wenn ich dann frage, ob sie ausreichend getrunken haben während der Runde, gucken sie mich an und verstehen die Frage nicht. Viele Golfer glauben immer noch nicht, dass es wichtig ist, wie man sich auf einer vier- bis fünfstündigen Golfrunde ernährt bzw. was man trinken, wann man trinken und wie viel man trinken sollte. Wussten Sie, dass pro Runde der Netto-Gewichtsverlust 700-900 Gramm betragen kann, obwohl die Spieler mindestens 0,7 Liter getrunken und eine Banane gegessen haben? Also beugen Sie vor und trinken Sie schon, wenn Sie noch gar keinen Durst verspüren.

Das nennt man dann mentale Fitness!

Was sagen Sie dazu?

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