Vom Bierbrauer zum Hopfenbauer

Marius Lohmer

25.07.2017 · 9 Min. Lesezeit

Andreas Dick privat – wie alles begann und wo seine Leidenschaft für Hopfen herkommt
Hopfen und Bier – das gehört zusammen, so viel weiß der geneigte Mensch mit Sinn für Geschmack. Für einen Eifeler aus Holsthum ist Hopfen aber nicht nur eine wichtige Bier-Zutat, sondern ganzer Lebensinhalt. Die Rede ist von Hopfenbauer Andreas Dick und seiner Familie. Tagtäglich arbeiten sie dafür, dass aus kleinen Trieben schließlich die Qualitäts-Dolden werden, die den Bitburger Siegelhopfen ausmachen. Ein Beruf aus Leidenschaft oder Hofübernahme aus Familientradition? Andreas Dick erzählt.

"Mit 18 Jahren direkt in die Landwirtschaft? – Nein."
Hopfenbauer als Beruf - Andreas Dick hätte auch etwas ganz Anderes machen können. Sein Vater hatte ihm alle Optionen offengehalten. "Ich hatte nie das Gefühl, dass dringend ein Nachfolger gesucht wird. Wie meine Geschwister hatte ich die freie Berufswahl. Wir durften mit rausfahren, mussten aber nicht – da gab es nie einen Zwang", erzählt Dick in Plauderlaune. Aber warum ist der Bauer nicht direkt in den elterlichen Betrieb eingestiegen?"

Nach der Handelsschule stellte sich die Frage: Mit 18 Jahren direkt in die Landwirtschaft? "Nein. Erstmal einen anderen Beruf lernen." Doch auch da landete er beim Bier, aus Interesse, weil ihn das Produkt faszinierte: Dick bewarb sich bei der Bitburger Brauerei. 1991 begann er seine Ausbildung zum Brauer und Mälzer und lernte bei Braumeister Wilhelm Hagemann. Andreas hätte sich durchaus vorstellen können, weiterhin in der Brauerei zu arbeiten, doch er entschied sich für den heimischen Hof. Dann ging alles Schlag auf Schlag: 1996 Gesellenprüfung für seine Ausbildung zum Landwirt, 1999 bis 2000 Techniker. "In der Zwischenzeit habe ich verschiedene Betriebe kennengelernt, war zwei Jahre am Bodensee in einem Obst- und Hopfenanbaubetrieb, danach in Niederlauterbach. Zwischendurch habe ich bei der Bitburger Brauerei als Brauer und Mälzer gearbeitet", fasst Dick die Jahre im Zeitraffer zusammen.



"Ein Betrieb mit Flair"
2002 gründete er dann mit seinem Vater eine GbR – und die hat bis heute Bestand. Der Rest ist Geschichte. Bitburger Bier und Hof Dick in Holsthum – eine Verbindung, die besser nicht funktionieren könnte. Nicht ohne Grund, wie Dick findet: "Wir sind ein Betrieb mit Flair. Hochmoderne Betriebe sind nicht immer die besten." Wie das gemeint ist? Der Hopfenbauer erklärt, dass immer noch auf viel Handarbeit gesetzt werde: "Wenn etwas kaputtgeht, reparieren wir es selbst. Natürlich schauen wir, dass wir Jahr für Jahr etwas weiterkommen und möchten auch in Zukunft unsere Technik weiterentwickeln. Wir haben uns mit Leidenschaft der Qualität unseres Hopfens verschrieben. Doch wir haben keinen Sonderstatus und müssen wie alle anderen durch die Probung (Probung nennt man die staatliche Qualitätsprüfung des Hopfens, Anm. der Red.). Und da überzeugt der Hopfen."

Hof Dick: "Es geht nur gemeinsam"
Neben Qualität setzt man in Holsthum auch auf Tradition. Der Hopfenbauer wohnt zwar mit seiner Familie im eigenen Haus, aber ins elterliche Domizil zieht es ihn trotzdem fast jeden Morgen. Während andere noch friedlich schlafen, wechselt er bereits munter die Straßenseite: "Ich stehe immer um halb sechs auf und trinke erst mal eine Tasse Kaffee. Mein Vater steht auch so früh auf - deshalb geh´ ich auch fast jeden Morgen zu ihm und trinke da noch eine Tasse mit. Das ist von 365 Tagen im Jahr bestimmt an 300 Tagen so. Ich hole mir dann gerne seinen Rat und spreche über Dinge, die am Tag anstehen. Mein Vater ist 75 Jahre alt, im Kopf aber mindestens 15 Jahre jünger. Es ist toll zu sehen, wie er sich jedes Jahr auf den Frühling freut und darauf, mit dem Traktor rauszufahren. Er bringt viele neue Ideen mit ein. Es geht nur gemeinsam."

 

 

Leidenschaft für Hopfen: "Ich sehe mich mehr als Pflanzer und Gärtner"
Aber was genau ist das Tolle am Hopfenbauer-Beruf und wo kommt die Leidenschaft für Hopfen her? "Leidenschaft für den Rohstoff an sich hatte ich schon immer. Bauer ist ja auch nicht gleich Bauer. Ich sehe mich mehr als Pflanzer und Gärtner. Und Hopfenbauer bedeutet ja nicht nur Hopfen ernten", erläutert Andreas Dick. Er erklärt, dass über das Jahr viele Arbeiten anfallen, beispielsweise Anlagenbau und Reparaturarbeiten. Auch Fortbildungsmaßnahmen, zum Beispiel zur Arbeitssicherheit, nehme er regelmäßig wahr. Also ein Beruf mit Abwechslung? "Auf jeden Fall! Ein Job, der geistig und körperlich fördert, bei dem ich aber auch manchmal den Kopf ausschalten kann. Und ich bin jeden Tag draußen in der Natur. Ich glaube nicht, dass ich es in einem anderen Beruf besser hätte. Im Brauerberuf wäre ich auch glücklich geworden, aber es war so die absolut richtige Entscheidung. Ich würde heute alles genauso machen – außer den Steno-Unterricht an der Handelsschule – den würde ich gerne wegstreichen."

Eine Lebensaufgabe: "Ich mache das so lange, bis es nicht mehr geht."
Hopfenbauer – ein Traumberuf, der aber dennoch mit viel Arbeit verbunden ist: Ein Arbeitstag dauert im Schnitt von 7 bis 19 Uhr – und das montags bis samstags, erzählt Andreas Dick. Und was für viele der heilige Sonntag, ist für ihn nicht selten der Tag, an dem es Büroarbeit zu erledigen gilt. Zum Ausgleich versucht der Hopfenbauer eine regelmäßige Mittagspause von zwei Stunden einzulegen - sofern die Arbeit das erlaubt. Dann ist er bei den Kindern zu Hause und versucht auch Dinge zu regeln, für die er abends keinen Kopf mehr hat. "Das ist der Vorteil der Selbständigkeit, ich kann mir das flexibel einteilen und die Arbeit etwas hin- und herschieben. Aber natürlich: Nach so einem Tag ist man einfach müde." 

Aber vor allem zufrieden. "Wenn ich vom Feld fahre, sehe ich hinter mir, was ich gearbeitet habe. Das ist das Schöne am Beruf. Ich mag ja den Begriff `Tagewerk´, das beschreibt es so gut." Also ein Job bis zur Rente? Rente - kein Begriff für Andreas Dick: "Ich mache das so lange, bis es nicht mehr geht. Und so lange wir als Familie Geld damit verdienen können. Wie schon gesagt, mein Vater ist 75 Jahre alt und bringt sich immer noch ein."  Eine motivierte Ansage des Hopfenbauers. Aber trotzdem stellt sich die Frage: Was ist für die Zukunft geplant, wird an den Nachwuchs übergeben? "Das handhabe ich so wie mein Vater – der Nachwuchs kann, muss aber nicht. Falls er will, soll er einen Top-Familienbetrieb übergeben bekommen. Aber erstmal mache ich das hoffentlich noch sehr lange."

Eine Herausforderung: "Jedes Jahr Anspannung aufs Neue"
Das klingt fast zu gut, läuft wirklich immer alles nur positiv auf Hof Dick? "Natürlich klappt es nicht immer. Es gab Jahre mit Hagelschlag und Unwettern. Da kann man versichern wie man will. Wenn das kaputt ist, wofür man das ganze Jahr gearbeitet hat – das kann keine Versicherung auffangen", erzählt Dick. Und das sei schon vorgekommen: "In den letzten Jahren hatten wir Glück, aber 2013 gab es schweren Hagel, da waren 3 bis 4 Hektar stark beschädigt. Und 2015 war die Ernte besonders schlecht – da gab es eine lange Trockenzeit."

Jährlich derselbe Druck, ist das nicht auf Dauer anstrengend? "Es gibt immer Momente, in denen ich angespannt bin. Jedes Jahr im Oktober bin ich erleichtert, wenn der Hopfen abgenommen wurde. Wir arbeiten mit der Natur, viele Dinge kann ich einfach nicht beeinflussen. Was habe ich letztes Jahr am Fenster gesessen und geguckt, ob die Gewitterwolken vorbeiziehen. Aber wir hatten schon alles – von ganz nassem bis trockenem Sommer. Manchmal wünscht man sich, dass das Gewitter kommt und es ein bisschen Regen gibt, und ein andermal hofft man, dass es vorbeizieht. Ich gucke immer, was der Wetterbericht sagt." So viel Druck und Stress - und trotzdem immer noch so viel Leidenschaft. Das Erfolgsrezept des Hopfenbauern ist einfach: "Ich gehe nicht mit der rosa Brille an den Job ran. Ich weiß, wofür ich arbeite. Es macht Spaß, wenn es funktioniert. Momentan klappt alles sehr gut."
 

Bier, Käse und Schokolade
Es läuft also auf Hof Dick – und für Andreas Dick. Denn neben dem Job als Hopfenbauer hat er aktuell noch einiges mehr auf dem Schirm: Neben seinem IHK Beisitz für die Prüfung der Braulehrlinge beschäftigt er sich auch mit Käse und Schokolade. Käse und Schokolade? Die Erklärung ist einfach: Der Hopfenbauer und Bierbrauer ist auch gelernter Biersommelier. "Das macht mir Freude, ich kann den Leuten was Bodenständiges erzählen und viel Wissen über Geschmack weitergeben. Für sie unterhaltend und authentisch. Ich kann nämlich sagen: Ich weiß das, denn ich bin Bierbrauer, Hopfenbauer und Sommelier." Und bei seinen Veranstaltungen probiert er viel aus - mit Käse und Schokolade. Und das passt zu Bier

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  • Bernhard Gruber 27.07.2023
    Servus Herr Lohmer, es freut mich immer zu sehen, wie jemand mit Leidenschaft einer Sache nachgeht und damit Erfolg hat. Wir haben uns mit unserer Firma AgrarEnergie GmbH & Co. KG auch dem Hopfen verschrieben und versuchen derzeit mittels Verschattung durch Photovoltaik-Module der Hopfenkultur den solaren Stress zu nehmen und den Verlust an Wasser zu mindern. 1,3 ha haben wir in der Hallertau bereits umgesetzt und es schaut nicht schlecht aus. Gerne möchten wir uns mit Ihnen zur Hopfensituation in Ihrem Anbaugebiet austauschen. Wenn Sie Interesse haben, kommen Sie bitte auf uns zu. SG, Gruber.

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  • Ulrich Leiendecker 16.08.2020
    Ich war mein Leben lang fast immer nur ein "Schreibtischtäter". War bei der Polizei. Dort habe ich am Anfang viel draußen gearbeitet und dadurch Menschen aller Gesellschaftsklassen kennengelernt. Vom Obdachlosen, Penner, Drogensüchtigen, Unternehmer, normale Arbeitnehmer bis hin zum Multimilliardär. Alles war dabei. Die letzten Jahre in dem Beruf als Kripobeamter. Mehr Schreibtisch als draußen. In dieser Zeit habe ich sehr oft an meinen Onkel gedacht, der einen Bauernhof mit Rindern, Schweinen und Hühner hatte. Ich habe ihn besucht. Das war eine andere Welt, ein kleines Paradies. Wenn ich heute nochmal wählen könnte, würde ich auch was machen. In der Natur mit ihren unberechenbaren Elementen. Das ist Abenteuer pur und eine große Herausforderung. Und mit Sicherheit auch viel spannender als mein alter Job , den ich nach fast 42 Jahren quittiert habe. Ich hatte mich auf den letzten Arbeitstag in der Behörde gefreut und ihm keine Träne nach geweint.

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    • Sabine von Bitburger 17.08.2020
      Guten Morgen Ulrich, danke für deine Zeilen. Wir wünschen dir, dass du die Natur (und unser Bitburger) noch lange genießen kannst. Herzlichen Gruß aus der Eifel. Sabine von Bitburger.

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